Der Kampf mit dem Weißabgleich

Die Rubrik rund um das Thema Bildbearbeitung und Software. Techniken, EBV-Software, Tipps,...

Moderator: pilfi

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bjoern_krueger
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Der Kampf mit dem Weißabgleich

Beitrag von bjoern_krueger »

Moin allerseits!

Gestern hatte ich mal wieder einen kleinen Auftrag, und zwar bei einer kleinen Web-TV-Produktion. Dort wurden drei Live-Koch-Shows produziert, und ich durfte während und zwischen den Live-Shows das Ganze begleiten.
Veranstaltet wurde das in einem Küchenstudio, welches zu einem Fernsehstudio umfunktioniert wurde. Das Ganze war recht professionell, auch die Beleuchtung war entsprechend gut.

Mir geht es nun um das Thema Weißabgleich.
Während der Live-Shows durfte ich natürlich keinen Blitz benutzen. Daher habe ich meine Graukarte eingepackt, diese auf den beleuchteten Küchentresen gelegt, und mit der Kamera eine entsprechende Messung durchgeführt. Das Ergebnis war allerdings niederschmetternd, die Fotos hatten alles andere als natürliche Farben.

Ich habe dann einfach herumprobiert, und mich für die WA-Automatik entschieden.

Für die Aufnahmen zwischen den Shows durfte ich den Blitz benutzen, hier gab es das Problem, dass es abseits von den konstant beleuchteten Flächen extrem unterschiedliche Lichtverhältnisse gab. Mal finstere Ecken, mal Tageslicht durch ein Fenster, gemischt mit irgendwelchen Kunstlicht etc.
Hier mit Blitz auf Anhieb vernünftige Ergebnisse zu erzielen war extrem schwierig.
Ich habe mich dann schließlich auch hier für die WA-Automatik entschieden.

Natürlich habe ich im RAW-Format gearbeitet, sodass ich den WA nachträglich anpassen kann.

Und ganau hier liegt mein Problem.
Ich weiß nicht genau, wie man hier sinnvollerweise vorgehen muss. Es läuft darauf hinaus, dass ich die voreingestellten Möglichkeiten (Kunstlicht, Direkte Sonne etc.) durchprobiere, und dann mit dem Schieberegler die Farbtemperatur feinreguliere. Das mache ich solange, bis ich ein nach Augenschein ordentliches Ergebnis erhalte

Ich habe festgestellt, dass die Farbtemperatur aber nicht der einzige wirksame Parameter beim Weißabgleich sein kann.
Stelle ich z.B. eine bestimmte Farbtemperatur mit dem Schieberegler ein, hängt es auch von der Voreinstellung ab, die ich gewählt habe (z.B. direkte Sonne).
Heißt: Farbtemperatur x der Voreinstellung A führt nicht zwingend zum gleichen Ergebnist wie die gleiche Farbtemperatur x in Voreinstellung B.

Ich würde hier gerne mein Wissen erweitern, da ich mich mit diesem Herumprobieren in keiner Weise sicher fühle. Und wenn mal ein 'richtiger' Auftrag kommt, möchte ich sicher sein.

Kann jemand helfen?

Danke vorab und beste Grüße,

Björn
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Hanky
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Re: Der Kampf mit dem Weißabgleich

Beitrag von Hanky »

bjoern_krueger hat geschrieben:Ich habe festgestellt, dass die Farbtemperatur aber nicht der einzige wirksame Parameter beim Weißabgleich sein kann. Stelle ich z.B. eine bestimmte Farbtemperatur mit dem Schieberegler ein, hängt es auch von der Voreinstellung ab, die ich gewählt habe (z.B. direkte Sonne).
Heißt: Farbtemperatur x der Voreinstellung A führt nicht zwingend zum gleichen Ergebnist wie die gleiche Farbtemperatur x in Voreinstellung B.
sorry, aber das verstehe ich nicht ... :???: welchen RAW-Konverter nutzt denn und von welchen Voreinstellungen schreibst du?
Grüße
Hanky

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bjoern_krueger
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Beitrag von bjoern_krueger »

Moin!

@Hanky
Ok, womit ich die Bearbeitung mache, hätte ich natürlich sagen sollen...
Ich verwende 'für's Grobe' Nikon View. Also wenn ich z.B. einfach die Belichtung leicht korrigieren will, oder den Ausschnitt anpassen. Wenn es etwas detaillierter sein muss, nehme ich Capture NX2.

Wenn ich mit der Bearbeitung fertig bin, konvertiere ich die Bilder mittels der Stapelverarbeitung von Capture NX2 ins jpg-Format.

Jetzt versuche ich mal zu erklären, was ich meine...

Den einzelnen Weißabgleichs-Voreinstellungen, also "Schatten", "direkte Sonne", "Kunstlicht" etc. ist ja eine Standard-Farbtemperatur zugeordnet. Wähle ich z.B. "Blitz", wird der Wert auf (wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe) 5200K eingestellt, bei "Schatten" ist es 8000, bei "Kunstlicht" 3000. Mit dem Schiebergler kann man dann die Farbtemperatur feinjustieren. Genau habe ich die Zahlen jetzt nicht im Kopf, aber z.B. bei "Blitz" geht der Wert mit dem Regler bis runter auf 4200K und rauf auf einen entsprechenden höheren Wert.

Diese Bereiche gibt es nun für alle Voreinstellungen. Und wie ich das sehe, gibt es bei den Bereichen die für die einzelnen Voreistellungen definiert sind, Überschneidungen.

Ich kann also die gleiche Farbtempertur bei verschiedenen Voreinstellungen einstellen, erhalte aber nicht zwingend das gleiche Ergebnis.

Daraus folgere ich, dass nicht nur die Farbtemperatur über die Voreistellungen eingestellt wird, sondern noch andere Parameter dahinterstecken.
Es gibt ja auch unterhalb des Reglers für die Farbtemperatur noch einen weiteren Regler, ich glaube für den Farbton. Damit kann man bestimmte Farbanteile rein oder rausdrehen.

Manchmal kann ich über den Farbtemperaturregler sehr schön die Farbe "wärmer" oder "kühler" regeln, manchmal, bei anderen Voreinstellungen, wird das Bild nur mehr oder weniger "Rosa".

Und das ist es, was ich nicht verstehe.

Wie kann ich den Weißabgleich effektiv steuern? Und wie bekomme ich einen leichten Rosa- oder Gelbstich aus einem Foto heraus?

Ich meine die Gradationskurve könnte da hilfreich sein. Leider komme ich dabei aber mit Ausprobieren nicht recht weiter.

Ich freue mich auf hilfreiche Tipps, gerne auch eine Buchempfehlung. Ich würde mich auch nicht scheuen, Geld für ein vernünftiges Seminar zu bezahlen (Großraum Hamburg).

Also nochmal danke und viele Grüße,

Björn
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Beitrag von FM2-User »

bjoern_krueger hat geschrieben: [...]
Ich freue mich auf hilfreiche Tipps, gerne auch eine Buchempfehlung. Ich würde mich auch nicht scheuen, Geld für ein vernünftiges Seminar zu bezahlen (Großraum Hamburg).

Also nochmal danke und viele Grüße,

Björn
Ich würde das Geld für Seminar erst mal sparen und einen Colorchecker von Spyder oder XRite anschaffen.
Den vor, während und nach der Session (ok- für Perfektionisten, aber doch mindestens ein mal) mit ablichten und entsprechend mit der mitgelieferten Software das Kameraprofil für diese Serie erstellen.
Quasi Deine Idee mit der neutral-grauen Karte etwas verfeinert.
Dann allerdings niemals den auto-WB verwenden sondern immer konstant bleiben.

Mir passiert's z.B. öfter, dass ich ausnahmsweise den WB auf Glühbirne stelle und dann doch ab und zu mal Blitze - entsprechend viel nachbereitungsaufwand hatte ich dann. Hatte, denn nun wird eben mal mit und mal ohne Blitz der Checker belichtet und später eben mti zwei Profilen gearbeitet. Immer noch unnötiger mehraufwand, aber immer noch besser, als jedes Bild individuell anzupassen.
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Gruss - Torsten


ich befürchte, ich bin wach


(gesehen auf einer Postkarte von bruederbach.de)

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Beitrag von Oli K. »

Hi,

auch auf die Gefahr hin, mich in die Nesseln zu setzen: Herzlichen Glückwunsch :!: ;)

Auch wenn der Automatische Weissabgleich der D3 häufig über den Klee gelobt wird, halte ich von automatischem Weissabgleich überhaupt nichts, weil Dein Fall schön zeigt, was das Problem dabei eigentlich ist. Nämlich der Aufwand im Nachhinein ein konsistentes Ergebnis zu erzielen, das nicht nur für eine einzelne Aufnahme gilt, sonder für eine ganze Serie, da der automatische Weissabgleich im ungünstigsten Fall theoretisch in jeder Aufnahme anders ausfallen kann und die Korrektur um so aufwändiger ausfällt... :idea:

Von daher wäre es mMn besser gewesen, einen festen Wert zu nehmen - wenn man es nicht vor Ort hinbekommt - um dann in der Nachbearbeitung eine Aufnahme zu justieren und die Einstellungen dann im Batch über alle Aufnahmen drüber zu legen. :idea: Richtig super wäre es natürlich gewesen, wenn Die Leute im Studio Dir die Farbtemperatur hätten nennen können, dann hättest Du Dir das auch mit der Karte sparen können...

Aber das hilft Dir jetzt natürlich auch nicht mehr weiter.... Daher würde ich an Deiner Stelle mir mal die Aufnahmen in CNX anschauen und dort mit der Pipette den Weissabgleich korrigieren, um zu schauen, wie nah Du überhaupt an ein "gutes" Ergebnis mit relativ wenig Aufwand kommst. :idea:

Ich drück' Dir mal die Daumen, dass Dein Einsatz nicht umsonst war... ;)
Grüße, Oli

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Beitrag von bjoern_krueger »

Moin!

@FM2-User
Das mit dem Colorchecker musst Du mir bitte nochmal genauer erklären. Ich hab's so verstanden:
Fotografiere den Colorchecker in der konkret vorliegenden Beleuchtungssituation, und erstelle mit einer Software ein Kameraprofil. Dieses transferiere ich auf die D3s und habe damit den Weißabgleich für die Situation, in der ich den Colorchecker abfotografiert habe, definitiv richtig eingestellt.
Diesen Weißabgleich verwende ich dann für alle Aufnahmen.
Richtig verstanden?
Wie bekomme ich denn das Profil auf die Kamera? Brauche ich dafür einen PC?

@Oli K.
Das mit der Pipette finde ich immer etwas schwierig, weil man nicht immer weiß, welcher Bereich nun weiß oder neutralgrau ist.
Ich habe das nämlich schon versucht, aber auch darüber bekomme ich keine befriedigenden Ergebnisse.
Da bekomme ich das per Auge und visuellem Eindruck besser hin.
Oder wie mache ich das in CNX richtig?

DAnke und viele Grüße,

Björn
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Beitrag von FM2-User »

bjoern_krueger hat geschrieben:Moin!

@FM2-User
Das mit dem Colorchecker musst Du mir bitte nochmal genauer erklären. Ich hab's so verstanden:
Fotografiere den Colorchecker in der konkret vorliegenden Beleuchtungssituation, und erstelle mit einer Software ein Kameraprofil.
JA, bei XRite heisst das Bundle Paket mit Farbkarte und SW "Color-Checker-Passport". Hat nur den Nachteil, dass die NEFs vorher (mit Freeware) in ein DNG umgewandelt werden müssen.
Das ganze von Spyder klappt angeblich auch mit NEFs. Müsste man checken. Hier hat es bestimmt jemand im Einsatz und kann berichten.
Dieses transferiere ich auf die D3s und habe damit den Weißabgleich für die Situation, in der ich den Colorchecker abfotografiert habe, definitiv richtig eingestellt.

NEIN, an meine Kamera lasse ich nur Firmware und Strom ;)
Mit diesem Profil wird z.B. Lightroom gefüttert, der bei der EBV dann die korrekten Farben schnell einstellt.
Ich habe z.B. "nur" den XRite-Checker als "EC-Kartendeckel", auf der Passport-Version ist auch noch eine Farbtafel für's Finetuning. Leicht wärmer oder kälter, speziell für Portraits. Klickt man mit der Pipette da drauf sieht man sofort die neue Lichtstimmung und kann das gewählte Ergebnis dann auf alle Bilder der Serie übertragen.

Diesen Weißabgleich verwende ich dann für alle Aufnahmen.
Richtig verstanden?

Ja, aber am Rechner, nicht in der Kamera. Die sollte aber unbedingt auf einem konstanten WB stehen. Ich selbst habe mir angewöhnt, immer Tagseslicht zu nehmen. Zwar kommen die Bilder in Räumen dann "gelb" aus der Kamera, aber dank recht ähnlicher Erfahrungswerte komme ich mit den "eingeübten" Korrekturen am Rechner oft schon schnell zu guten Ergebnissen. Bin und bleibe eben ein Dia-Mensch. Nachbearbeitung? Was ist das? :oops:

Wie bekomme ich denn das Profil auf die Kamera? Brauche ich dafür einen PC?

Wie schon gesagt: Finger Weg.
Wenn neue Firmware, dann wie üblich: Von PC auf Karte und die in Kamera (aber vorher VOLLEN Akku einlegen. Aber vorher VOLLEN Akku einlegen. Zweimal geschrieben, weil Gegenteil doch immer wieder gerne genommen)

DAnke und viele Grüße,

Björn
Bitte,
Torsten

votograv
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Beitrag von votograv »

Hallo Björn,
Torsten hat die wichtigsten Punkte schon genannt:
1. immer konstante Weißabgleich-Einstellung an der Kamera (ich habe einen festen Kelvin-Wert eingestellt)
2. Weißabgleich während der RAW-Entwicklung am PC (ich arbeite mit Lightroom)
Ich möchte gerne noch einige Ergänzungen machen:
Wenn Du den Colorcheckerpassport einsetzt, kannst Du mit der beigelegten Software schnell und einfach ein Kameraprofil erstellen, dass nach dem abspeichern in Lightroom (und im Adobe Raw Converter) angezeigt wird und verwendet werden kann. (Mit Capture NX2 habe ich keine Erfahrung) Wenn man exakte Farben braucht, sollte man dies für jede (veränderte) Beleuchtung tun.
In den meisten Fällen ist es aber ausreichend, wenn man je Beleuchtungssituation ein Foto mit Graukarte macht.


Zitat:
Daher habe ich meine Graukarte eingepackt, diese auf den beleuchteten Küchentresen gelegt, und mit der Kamera eine entsprechende Messung durchgeführt. Das Ergebnis war allerdings niederschmetternd, die Fotos hatten alles andere als natürliche Farben.
Das kann ich nicht ganz verstehen. Evtl. lag es am Auto-WB, oder an der falschen Plazierung der Graukarte, oder die Graukarte ist nicht neutralgrau. Mit welcher Pipette hast Du den Weißabgleich vorgenommen? und in welcher Phase der Bearbeitung?

Gruß
Volko

donholg
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Beitrag von donholg »

Ist es richtig dass Du die Graukarte benutzt hast, um via manuellem WA (Einstellung "PRE") die Kamera vor Ort zu justieren? :arrgw:
Also quasi im Modus "PRE" abfotografiert?

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